Hund„Mein Hund ist für mich wie ein Kind!“ – solche oder ähnliche Aussagen hört man von Hundebesitzern des Öfteren. Viele Hunde schlafen im Bett ihres Herrchens oder Frauchens, haben einen eigenen Platz am Sofa und führen auch sonst ein Leben als vollwertiges Familienmitglied. Im Grunde ist das bestimmt auch nicht verkehrt, schließlich brauchen Hunde als Rudeltiere den engen sozialen Anschluss an ihre Familie dringend für ein erfülltes Leben. Allerdings gibt es klare Grenzen, die eingehalten werden müssen, damit das Zusammenleben von Hund und Mensch wirklich glatt läuft und für alle positiv und gewinnbringend gestaltet werden kann.

Sozialstruktur – im Rudel und in der Familie

Zunächst einmal eines vorab: Der Hund ist – auch nach Jahrtausenden der Domestizierung – immer noch ein Raubtier. „Verwildern“ Hunde, finden Sie sich schnell genau wie ihre wilden Vorfahren in streng strukturierten Rudeln zusammen, jagen erfolgreich und zeigen das Raubtier in sich nur zu deutlich. Diese scheinbar unkomplizierte Umstellung kommt daher, dass Hunde auch im Zusammenleben mit dem Menschen ihre ursprünglichen Sozialstrukturen weitgehend beibehalten – nur eben auf die Menschen-Familie übertragen.

Denn auch im „Menschenrudel“ braucht der Hund einen „Rudelführer“, er wird seine „Rudelmitglieder“ beschützen, aber auch versuchen, seinen Status innerhalb des Rudels zu verbessern, wenn sein gegenüber Schwäche zeigt – schließlich ist eine gute Stellung im Rudel essenziell: Ranghöhere Mitglieder bekommen einen größeren Anteil der Jagdbeute. Zwar ist das Bedürfnis eines Hundes, selbst Rudelführer zu werden unterschiedlich ausgeprägt, kann aber prinzipiell bei jedem noch so lieben Hund zum Problem werden – deshalb ist es unabdingbar, dem vierbeinigen Familienmitglied seine Rolle im Rudel klar zu machen und dafür zu sorgen, dass diese auch beibehalten wird. Und das funktioniert im Familienverband genau wie im Hunderudel eben nur durch klare Regeln und Grenzen.

Dominanz und Unterwürfigkeit

Wie bereits erwähnt, ist das Bedürfnis eines Hundes, seinen Status im Rudel zu verbessern, von seinem Charakter abhängig. Manche Hunde sind dominanter, sie versuchen schnell zum Chef im Rudel aufzusteigen. Unterwürfige Tiere hingegen sind weniger ehrgeizig, was aber noch lange nicht heißt, dass sie die Gelegenheit zum Aufstieg nicht ergreifen würden, wenn sie sich ihnen bietet.

Ob der Vierbeiner eher dominant oder eher unterwürfig ist, kann im Prinzip schon bei ganz jungen Hunden einfach ausgetestet werden. Dazu wird der Hund in einer ungestörten Situation auf den Rücken gedreht, mit der Hand auf dem Brustkorb. Ein vom Grundcharakter her unterwürfiger Hund wird es mit sich geschehen lassen und einfach abwarten. Ein dominanteres Tier wird versuchen sich zu befreien, hierfür vielleicht auch versuchen zu beißen und ähnliches. Dieser Charakterzug ist angeboren – Der Unterschied liegt darin, wie man damit umgeht.

Unterwürfige Hunde lassen sich leichter erziehen, sind oft aber auch unsicherer. Sie sind die Beta-Tiere, die zufrieden damit sind, Mitglied im Rudel zu sein und nur dann Ansprüche laut werden lassen, wenn Ihr Besitzer sie völlig führungslos lässt. Ein dominanter Hund hingegen macht es seinem Besitzer oft schwerer, er braucht ganz klare, feste Grenzen. Machtkämpfe entstehen häufig schon im Kleinen, verlieren Sie hier die Frage, ob der Hund auf das Sofa darf oder nicht, kann es ihnen schnell passieren, dass er das Sofa als sein persönliches Revier erklärt, und Ihnen oder Gästen kaum noch erlaubt, sich „dazu“ zu setzen. Natürlich sind die Gesten der Dominanz nicht immer so eindeutig, oft entwickeln sie sich erst im Laufe vieler Jahre schleichend. Aber am besten ist es, sie so schnell wie möglich zu erkennen und zu unterbinden, damit Sie und Ihre Familie sich keinem unnötigen Risiko aussetzen.

Erziehung hilft, Gefährdungssituationen zu vermeiden!

Und von Risiko zu schreiben, ist hier keineswegs übertrieben: Wie bereits erwähnt, sind Hunde letztlich immer noch Raubtiere. Verteidigt ein Hund seine Position im Rudel beispielsweise gegen ein Kleinkind und beißt dabei eventuell auch zu, ist das für ihn nur natürlich, für das betroffene Kind aber unter Umständen lebensgefährlich – selbst wenn der Hund keine Verletzungsabsicht hatte! Was mit einem als amüsant empfundenen Verteidigen des Couch-Platzes angefangen hat, endet nicht selten damit, dass ein „aggressiver“ Hund im Tierheim landet.

Dabei wäre das in den meisten Fällen gar nicht nötig, wenn Besitzer ausreichend Energie in die Erziehung ihres Vierbeiners stecken würden. Denn gerade bei Hundebesitzern, die ihren Hund als „Ihr Kind“ bezeichnen, fragt man sich so manchmal, warum sie seiner Erziehung nicht ebenso viel Mühe zukommen lassen, wie sie es bei einem Menschenkind vermutlich täten. Dabei sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass ein Hund die Grundkommandos „Komm“, „Sitz“, „Bleib“, „Aus“ zuverlässig beherrscht. Denn ein Vierbeiner, der sich beispielsweise nicht abrufen lässt, kann auch völlig ohne Aggressionen zu zeigen durch seinen puren Überschwang eine Gefahr für Gehbehinderte, Senioren, Kinder oder andere Tiere sein.

Oft macht es auch Sinn, einen Kurs in einer Hundeschule zu besuchen, denn hier lernen nicht nur die Hunde die Kommandos, sondern auch die Hundebesitzer, wie sie ihre Autorität gegenüber ihrem Hund wahren. Denn so manche einfache Geste, wie beispielsweise eine zugewandte, herab gebeugte Haltung zur Begrüßung, kann für einen dominanten Hund bereits eine Einladung zur „Machtübernahme“ sein. Wenn Sie sich Unterstützung durch eine Hundeschule holen, dann sorgen Sie am besten dafür, dass nicht nur ein Familienmitglied, sondern nach Möglichkeit alle daran beteiligt sind. Nur so ist gewährleistet, dass der Hund immer den niedrigsten Rang in der Rangfolge des „Familienrudels“ inne hat.

Rangniedrigstes Familienmitglied – und trotzdem glücklich!

Denn auch wenn es für uns Menschen zunächst grausam klingt, ist der Platz eines Hundes in der Familie doch der, mit dem niedrigsten Rang. Das heißt keinesfalls, dass Sie ihren Hund weniger lieben sollen, sondern nur, dass Sie und die anderen menschlichen Familienmitglieder zu entscheiden haben – nicht der Vierbeiner. Denn als rangniedrigstes Mitglied zeigt ein Hund genau die Eigenschaften, die man von einem „guten“ Hund erwartet: Gehorsam, Anhänglichkeit, Spielfreude. Ein ranghöheres Tier hingegen wird seine Position verteidigen müssen und ist dadurch mit einer leicht aggressiven Grundtendenz belastet. Am schlimmsten ist es aber für Hunde, wenn sie sich ihrer Postion im Rudel nicht sicher sind, weil ihre Besitzer ihnen widersprüchliche Signale senden. Sie werden dann unausgeglichen, gereizt, beinahe unberechenbar. Deshalb ist es wichtig, dass Sie ihrem Hund klare Grenzen setzen und ihm stets eindeutig zeigen, welche Rolle er im Rudel inne hat!

Dazu gehört eben auch, dass NICHT der Hund entscheidet, wo sein Liegeplatz ist, sondern Sie. Natürlich können Sie ihrem Vierbeiner gerne erlauben, bei ihnen im Bett oder auf dem Sofa zu liegen. Aber eben nur dann, wenn Sie es ihm erlauben, nicht als Selbstverständlichkeit. Wenn Sie sich unsicher sind, ob das Gleichgewicht noch stimmt, dann versuchen Sie doch einmal einfach kommentar- und grundlos ihren Hund vom Sofa zu schmeißen. Lässt er es mit sich geschehen, ist alles in Ordnung. Besteht er auf seinen Platz oder kehrt sofort dahin zurück, ist Wachsamkeit gefragt. Knurrt er Sie aber gar an oder fletscht die Zähne, besteht dringender Handlungsbedarf. Denn hier denkt Ihr kaltschnäuziger Freund offensichtlich, dass er es in Bezug auf seine Stellung im Rudel mit Ihnen aufnehmen kann – Gehorsam und Sicherheit sind dann nicht mehr gewährleistet!

Übrigens: Wenn Sie Ihren Hund auf seinen Platz verweisen, müssen Sie sich keine Gedanken um sein Lebensglück machen – Unglücklich wird er deswegen nämlich bestimmt nicht sein. Das rangniedrigste Rudelmitglied ist bei Hunden kein trauriger Außenseiter, denn Außenseiter werden aus dem Rudel vertrieben. Ein Hund ist deshalb letztlich in dem Moment glücklich, in dem er überhaupt zu seinem Rudel gehört – egal welchen Rang er dort inne hat! Der Drang einen höheren Rang im Rudel einzunehmen ist lediglich eine evolutionsbiologische Verhaltensweise, die gewährleistet, dass ein Rudel auch nach dem Tod des ursprünglichen Leittieres noch uneingeschränkt über lebensfähig ist.

Nur ein gut erzogener Hund ist ein glücklicher Hund

Wenn wir schon beim Thema glückliche Hunde sind: Am glücklichsten machen Sie Ihren Vierbeiner tatsächlich durch eine gute Erziehung und einen festen Platz im Rudel. So kann er sich nämlich nicht nur sicher fühlen, sondern kann auch überall dabei sein. Denn während unerzogene Hunde, die nicht angemessen auf Kommandos reagieren, selten gern gesehen sind, kann ein gut erzogener Hund Sie jeden Tag fast überall hin begleiten. Und genau das ist es schließlich, was ein Hund möchte: Nach Möglichkeit immer bei seinem Rudel sein!

Wenn Sie klare Grenzen setzen und Ihrem Hund bestimmt und liebevoll seinen festen Platz am Ende der Rangfolge zuweisen, steht einem glücklichen Zusammenleben von Mensch und Tier nichts entgegen!

Der Platz eines Hundes in der Familie

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