Im Winter gehören kalte Finger und Füße zum normalsten der Welt, zumindest wenn sie nicht warm genug eingepackt wurden. Aber kalte Finger sind nicht gleich kalte Finger und nicht nur Bergsteiger und Extremsportler können unter tauben oder gar abgefrorenen Fingerspitzen leiden – wobei letzteres in unseren Regionen doch recht selten vorkommt. In so manchen Fällen können die tauben, schmerzenden Finger aber auch von einer seltenen Gefäßerkrankung kommen, dem sogenannten Raynaud-Syndrom.
Was ist das Raynaud-Syndrom?
Das Raynaud-Syndrom, auch Morbus Raynaud oder Leichenfinger-, bzw. Weißfingerkrankheit genannt, ist eine Gefäßerkrankung, bei der attackenartige Durchblutungsstörungen zumeist in den Fingern auftreten. Innerhalb kürzester Zeit krampfen sich die Gefäße an den Fingern zusammen, so dass kaum noch Blut in die betroffenen Regionen gelangen kann – die Finger werden blass, kalt und taub, später bläulich, im Extremfall kann das Gewebe sogar absterben. Die Symptome können unter Umständen mit starken Schmerzen einhergehen, es gibt aber auch nahezu schmerzfreie Verläufe. Im Normalfall dauert eine Attacke nicht länger als eine halbe Stunde, danach legen sich die Symptome von alleine wieder, die Finger nehmen durch die wieder einsetzende Durchblutung eine intensiv rote Färbung an. Dem krankheitstypischen Farbverlauf der Finger von Weiß über Blau zu Rot verdankt die Erkrankung auch den Namen Trikolor-Phänomen. Frauen sind von der Gefäßerkrankung nach aktuellen Erkenntnissen bis zu 5-mal häufiger betroffen als Männer.
Verschiedene Formen der Weißfingerkrankheit
Es werden zwei Formen des Raynaud-Syndroms beobachtet: Das Primäre Raynaud-Syndrom und das Sekundäre Raynaud-Syndrom. Ersteres betrifft vor allem junge Frauen unter 30, die genauen Ursachen sind noch ungeklärt. Anfälle treten normalerweise an beiden Händen zugleich auf, Auslöser sind zumeist Kälte oder Stress. Betroffen sind etwa 3% der Bevölkerung.
Das Sekundäre Raynaud-Syndrom ist eine Begleiterkrankung, zum Beispiel von rheumatologischen oder neurologischen Erkrankungen. In den meisten Fällen ist dabei nur eine Seite betroffen
Welche Ursachen hat das Raynaud-Syndrom?
Wie bereits erwähnt sind die Ursachen für das Sekundäre Raynaud-Syndrom in einer Grunderkrankung zu finden. Beim Primären Raynaud-Syndrom hingegen gestaltet sich die Ursachenforschung schwieriger. Zwar ist bekannt, dass das Krankheitsbild vermehrt bei Raucherinnen auftritt, so dass hier ein Zusammenhang zu vermuten ist, eine ursächliche Wirkung kann aber nicht bescheinigt werden. Auch Chemotherapie und einzelne Medikamente werden mit dem Raynaud-Syndrom in Verbindung gebracht, allerdings bislang ohne eindeutige Ergebnisse.
Bei dem Anfall selbst handelt es sich um ein starkes und plötzliches, also krampfartiges Verengen der Gefäße an Händen und Fingern, zuweilen auch an den Füßen. Durch ein Ungleichgewicht an gefäßerweiternden und -verengenden Faktoren wird die normale Durchblutung behindert, was zu den typischen Symptomen des Raynaud-Syndroms führt. Vermutlich handelt es sich um eine Störung der Blutgefäße in Verbindung mit einer gestörten Nervenaktivität, auch wenn noch nicht klar ist, wie genau die verschiedenen Faktoren zusammenspielen.
Was löst einen Raynaud-Anfall aus?
So wenig über die Ursachen der Krankheit bekannt sein mag, umso klarer sind die Auslöser: Zumeist sind es Kälte oder Stress, durch die ein Raynaud-Anfall ausgelöst wird. Besonders schnelle Temperaturwechsel führen häufig zu einem Gefäßkrampf. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Umgebung von warmer Wohnung zu winterlicher Kälte wechselt, beim Kontakt mit Gefriergut oder auch wenn die Finger in kaltes Wasser getaucht werden oder ein kaltes Getränk umfassen. Aber auch heftiges Rütteln, wie bei der Nutzung eines Presslufthammers oder eines Schwingschleifers kann einen Anfall provozieren. Und auch psychische Belastung oder Stress wirken begünstigend auf die Wahrscheinlichkeit, eine Raynaud-Attacke zu erleben.
Folgen der Gefäßerkrankung
In den allermeisten Fällen ist das Raynaud-Syndrom zwar lästig, aber harmlos: die schmerzenden und gefühllosen Finger behindern kurzfristig im Alltag, bringen aber keine weiterführenden Komplikationen mit sich. In manchen Fällen allerdings ist die Weißfingerkrankheit so stark ausgeprägt, dass sie gravierende Folgen mit sich bringen kann. Denn wenn die heftigen Gefäßspasmen häufig und lang anhaltend auftreten, kann es zu Nekrosen kommen: Das Gewebe an den Fingerkuppen stirbt ab.
Behandlung des Raynaud-Syndroms
Da das Raynaud-Syndrom in den meisten Fällen harmlos ist, ist medizinische Behandlung selten notwendig. Im Normalfall genügt es, sich vor den Auslösern zu schützen, beispielsweise durch gute Handschuhe und die Vermeidung von plötzlicher Kälte, sowie durch Stressreduktion. Bei einer akuten Attacke gemäßigter Stärke hilft Ruhe, eine sanfte Handmassage und warmes (niemals heißes!) Wasser an den betroffenen Stellen.
Außerdem macht es bei der Weißfingerkrankheit Sinn, auf das Rauchen zu verzichten und gefäßverengende Medikamente und Lebensmittel zu vermeiden. Manche Patienten profitieren zudem von einer Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist, eine Nahrungsergänzung mit Omega-3 Kapseln ist auch machbar.
In manchen Fällen allerdings treten die Raynaud-Anfälle mit derartiger Intensität auf, dass mit Folgeschäden am Gewebe zu rechnen ist. In diesen Fällen ist medizinische Betreuung notwendig, zumeist werden gefäßerweiternde Mittel verschrieben. Und auch eine fachgerechte Versorgung der eventuell entstandenen Gefäßschäden und Wunden ist dingend anzuraten.
Gesunde Grüße
Petra Fischer
Gesund24h Redaktion