Immer häufiger sieht man auf der Straße Kinder mit einseitigen und meist bunten Augenpflastern herumtollen. Der Grund ist meistens aber keine Augenoperation oder gar ein fehlendes Auge oder gespielte Piraterie, sondern lediglich eine einseitige Schwachsichtigkeit, die bei Kindern eine häufige Form der Sehschwäche ist und heutzutage glücklicherweise sehr gut behandelt werden kann. Im folgenden Artikel möchte ich Ihnen die Schwachsichtigkeit (Amblyopie) bei Kindern etwas näher bringen und den Einsatz von Augenpflastern erläutern.
Was bedeutet Schwachsichtigkeit?
Mit dem Begriff Schwachsichtigkeit oder auch Amblyopie (griech. „Stumpfes Sehen“) wird eine Form der Sehschwäche bezeichnet, bei der keine eindeutigen organischen Ursachen vorliegen, ein Auge aber dennoch signifikant schlechter sieht als das andere. Die Gründe hierfür liegen in einer Präferenz des Gehirnes für die Bilder des jeweils einen Auges.
Dies verhält sich ähnlich, wie bei der Händigkeit: Jeder weiß, dass es unter Menschen Rechts- und Linkshänder gibt – die motorischen Fähigkeiten sind bei der bevorzugten Hand besser ausgeprägt. Ebenso verhält es sich mit den meisten anderen Körperteilen, die zweimal am menschlichen Körper vorhanden sind: Den Füßen, den Ohren und den Augen. Auch hier ist jeweils eine bevorzugte Seite nachzuweisen. Während man sich allerdings recht leicht damit abfinden kann, dass eine Hand besser entwickelt ist, ist das bei den Augen anders.
Normalerweise entsteht das Bild das wir sehen aus zwei unterschiedlichen Bildern, die beide Augen getrennt von einander wahrnehmen. Im Gehirn werden diese beiden Bilder zusammensetzt – so wird zum Beispiel räumliches Sehen möglich. Ist aber ein Auge deutlich schlechter entwickelt als das andere, erhält das Gehirn keine verwertbaren Bilder und beginnt nun zunehmend, sich auf nur noch ein Auge zu konzentrieren und das andere zu ignorieren. Dadurch aber wird das andere Auge durch fehlende Stimulanz immer schlechter, bis es schließlich nahezu inaktiv ist und seine Sehfähigkeit zurückbildet. Eine Brille oder Kontaktlinsen sind zur Korrektur nicht zielführend, weil ja wie bereits erwähnt keine organischen Ursachen für die Fehlsichtigkeit vorlesen. Deswegen hilft hier oft nur eines: Trainieren. Denn genauso wie ein Rechtshänder auch die motorischen Fähigkeiten seiner linken Hand trainieren kann, kann auch das schlechter entwickelte Auge trainiert werden.
Der Trainingseffekt wird erreicht, indem das präferierte Auge durch unterschiedliche Hilfsmittel „ausgeschaltet“ wird. So muss das Gehirn wieder anfangen, auch auf die Informationen des schwächere Auges zurück zu greifen und kann letztlich wieder lernen, mit den Bildern aus beiden Augen zu arbeiten. So kann es gelingen, die volle Sehfähigkeit wieder herzustellen und letztlich wichtige Fähigkeiten wie räumliches Sehvermögen zu entwickeln.
Wer kann von Schwachsichtigkeit betroffen sein?
Schwachsichtigkeit betrifft normalerweise Kinder vor dem 7. Lebensjahr, häufig entsteht sie sogar schon in den ersten 4 Lebensmonaten. 4-6 % der Kinder der unter 7-jährigen haben diese Form der Fehlsichtigkeit, Erwachsene sind davon kaum betroffen. Mögliche Ursachen beziehungsweise Risikofaktoren für das Auftreten einer Schwachsichtigkeit:
- Schielen
- einseitige Brechungsfehler (etwa Kurz- oder Weitsichtigkeit, aber auch Hornhauttrübungen und ähnliches)
- familiäre Neigung oder Geburtsschäden (etwa durch Frühgeburt oder perinatale Komplikationen)
Zwar kann man anhand von Risikofaktoren Vermutungen anstellen, aber letztlich kann nur der Augenarzt bestimmen, ob tatsächlich eine Schwachsichtigkeit vorliegt. Liegt eine genetische Disposition oder auch einer der anderen Risikofaktoren vor, kann durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Augenarzt dafür gesorgt werden, dass ein Kind im Falle einer Sehschwäche schnell die entsprechende Behandlung erhält. So kann verhindert werden, dass sich die Symptome verfestigen.
Häufig können Eltern aber bereits im Vorfeld Hinweise entdecken, dass ihr Kind an einer Schwachsichtigkeit leidet. Beispielsweise hält das Kind Gegenstände zum Betrachten immer auf eine Seite oder dreht seinen Kopf häufig so, dass ein Auge bevorzugt fixieren kann. Entdecken Eltern solche Hinweise, sollte der Augenarzt zur Abklärung einer möglichen Amblyopie aufgesucht werden.
Die Behandlung von Schwachsichtigkeit
Ist eine Schwachsichtigkeit erst einmal von einem Augenarzt festgestellt worden, beginnt die Behandlung. In den seltenen Fällen, in denen eine einseitige Kurz- oder Weitsichtigkeit für die Sehschwäche verantwortlich ist, hilft hier schon eine Brille. Für alle anderen Formen der Schwachsichtigkeit wird wie bereits erwähnt auf Training gesetzt. Dazu muss das bevorzugte Auge vorübergehend eliminiert werden, so dass es kein Bild an das Gehirn schicken kann. Eine medikamentöse Behandlung durch das Eintropfen von Flüssigkeiten, die die Sehfähigkeit des bevorzugten Auges für einen bestimmten Zeitraum behindern, ist dabei die deutlich weniger beliebte Möglichkeit.
Da besonders Kinder von Schwachsichtigkeit betroffen sind, wird meistens auf die schonendste Behandlungsmethode, die Okklusionsbehandlung, gesetzt. Auch hier wird das dominante Auge am sehen gehindert – allerdings nur durch das Aufkleben eines speziellen Pflasters. Dieses Augenpflaster muss je nach Anordnung des Arztes über mehrere Monate hinweg regelmäßig getragen werden. Meistens sind dabei die Zeiträume zu Beginn der Behandlung länger, als gegen Ende: Während das Augenpflaster am Anfang oft 6-8 Stunden getragen werden muss, kann es zum Abschluss der Behandlung normalerweise schon nach einer halben Stunde abgenommen werden – Die Augen werden also schrittweise „entwöhnt“. So soll verhindert werden, dass das dominante Auge direkt wieder die starke Position übernimmt.
Da eine Schwachsichtigkeit häufig in Verbindung mit einem Brechungsfehler oder Schielen auftritt, müssen diese oft ebenfalls behandelt werden. Brillen zur Korrektur eines Brechungsfehlers werden gerne mit Augenpflastern kombiniert. Liegt ein starkes Schielen vor, durch das eine Operation notwendig wird, wird der Eingriff normalerweise vorgenommen, bevor die Okklusionsbehandlung startet. Manchmal bildet sich die Schwachsichtigkeit von selbst zurück, wenn das zweite Auge durch die operative Korrektur wieder besser sehen kann, ansonsten werden die Augenpflaster eingesetzt.
Im Gegensatz zur üblichen Meinung ist es für die Behandlung einer Schwachsichtigkeit nur von geringer Bedeutung, in welchem Alter die Behandlung beginnt. Auch wenn die Okklusionsbehandlung spät einsetzt, können noch deutliche Verbesserungen der Sehkraft nachgewiesen werden. Findet allerdings gar keine Behandlung statt, kann es sein, dass sich die Symptome manifestieren und letztlich zu einem vollständigen Erblinden auf dem betroffenen Auge führen.
Kinderfreundliche Augenpflaster für gesunde und strahlende Kinderaugen
Nachdem die Schwachsichtigkeit vor allem bei Kindern häufig ist, hat sich die Industrie mittlerweile bestens auf die kleinen Patienten eingestellt. Die Augenpflaster, die man beim Augenarzt, der Apotheke, Drogeriemärkten und natürlich im Internet erwerben kann, gibt es in vielen kinderfreundlichen Designs (besonders beliebt, zumindest bei den Jungs, sind Piratenmotive). Die meisten sind farbig, mit bunten Motiven, teilweise auch mit Glitzer dekoriert, so dass viele Kinder ihre Augenpflaster tatsächlich voll Stolz tragen.
Dennoch kann es sein, dass ein Kind sein Augenpflaster nicht tragen will, weil es damit anders aussieht, als seine Freunde und sich deswegen schämt. Dann ist ein sensibles Herangehen von Seiten der Eltern gefragt. Manchmal hilft es, wenn das Lieblingskuscheltier als Unterstützung ebenfalls ein Augenpflaster verpasst kriegt. Wenn das Kind sich seine Augenpflaster selbst aussuchen darf, kann sich das ebenfalls motivierend auswirken: Das Kind kann schon beim Kauf der Pflaster mit eingebunden werden und sich Produkte aussuchen, deren Farben und Muster ihm besonders gut gefallen. Jeden Morgen darf es sich dann das Augenpflaster aussuchen, das es an diesem Tag tragen möchte – das fördert die Bereitschaft des Kindes, bei der Behandlung mitzuarbeiten. Bei älteren Kindern sind gemeinsame Gespräche mit dem Augenarzt sinnvoll, der den kleinen Patienten die Behandlungserfolge veranschaulicht und den Nutzen der Behandlung offen legt. Ein Trost ist sicher auch, dass die Behandlung mit einem Augenpflaster immer nur vorübergehend ist.
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Liebe Grüße
Petra Fischer
Gesund24h Redaktion